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Wenn sich Marken gegenseitig schwächen, sind sie meist nicht deutlich genug positioniert.

Markenführung

Erfolgsgesetze der Markenarchitektur: 8. "Stärkung und Schwächung" und 9. "Die Unternehmensstrategie"

19. März 2012 - Eine gute Markenarchitektur besteht aus Marken, die sich gegenseitig stärken, und passt zur Unternehmensstrategie.

Die 8. Regel der Markenarchitektur:"Stärkung und Schwächung"


Häufig werden Markenarchitekturen vertriebstaktisch aufgebaut: „Mit welcher Marke bekomme ich wie viele Regalmeter im Handel?“ – „Und wie viele Marken benötige ich, um möglichst viele Regalmeter zu bekommen?“ lauten dann die typischen Interessen.

Was in solchen Fällen völlig unterschätzt wird, ist die Tatsache, dass unterschiedliche Marken eines Systems unterschiedliche Versprechen abgeben. Eine grundlegende Frage der Markenarchitektur muss vielmehr lauten:

"Welche der Marken, die ein gemeinsames Markensystem ergeben, stützen oder schädigen ein gemeinsam abgegebenes Markenversprechen?"

Mehrere Marken eines Systems sollten sich gegenseitig stärken, nicht schwächen.

Ein elementarer Einflussfaktor auf die Stärke der einzelnen Marken ist der Fit der Marken untereinander. Da zur Bestimmung dieses Wertegeflechts eine qualitative Analyse notwendig wäre, scheuen faktengetriebene Manager eine solche Diskussion. Doch wenn man die Untersuchung des Werte-Fits unterlässt, entstehen Mehrmarkensysteme, die langfristig nicht genug Stärke entwickeln und behalten – und die demzufolge geschwächt werden können.

Ein schönes Beispiel sind die Markensysteme von Daimler und Chrysler: Die Frage ist, ob dort ein Werte-Fit, sowohl der Leistungs- als auch der Kulturwerte, bestand – oder nicht. Vermutlich war der fehlende Werte-Fit die Hauptursache, warum die beiden Marken nicht zu einem gemeinsamen Markensystem verbunden werden konnten.

Manch große Unternehmenskooperation ist nicht etwa gescheitert, weil die Markeningenieure keine Markensynergien gefunden hätten, sondern daran, weil die Wertesysteme der beteiligten Marken nicht zusammenpassten.

Diese zwei Fragen sollten Sie sich unbedingt stellen, wenn Sie über die Dynamik zwischen Ihren Marken mehr erfahren möchten:

  • Zwischen welchen Marken bestehen Multiplikationseffekte und wo besteht das Potential, sich gegenseitig zu schwächen?

  • Sind alle Einzelmarken so eindeutig positioniert und voneinander abgegrenzt dass sie sich nicht kannibalisieren, sobald man sie enger aneinander führt?

Wenn die Sorge aufkeimt, dass ein Zusammenführen mehrerer Marken zu einem System deren Stärke mindern könnte, sollte man die Gelegenheit nutzen und sie genauer unter die Lupe nehmen. Womöglich sind die betroffenen Marken nur nicht markant genug positioniert und voneinander getrennt. Somit würden sich die Marken sehr stark kannibalisieren und damit schwächen.

Die Ursache der Schwächung liegt aber nicht in der Zusammenführung der Marken, sondern daran, dass diese Marken nicht eindeutig genug positioniert sind. Es lohnt sich womöglich. eine schärfere Positionierung herbeizuführen: Dann schwächen sich die Marken nicht mehr, sondern könnten sich sogar stärken.


Die 9. Regel der Markenarchitektur: „Die Unternehmensstrategie“

In vielen Unternehmen werden die Geschäfte eines Unternehmens von „Vertriebs-Platzhirschen“ mit regionalen Verantwortungsbereichen bestimmt. Nicht nur ihre Reviere, sondern auch die Vergütungssysteme sind dezentral ausgerichtet. Ein jeder verantwortet den Erfolg innerhalb seiner Bereichsgrenzen – und keiner wird für das große Ganze belohnt.

Unter solchen Voraussetzungen sind übergreifende Mehrmarkenstrategien, beispielsweise eine Familienmarken-Architektur, undenkbar. Denn Unternehmensstrategie und Markenarchitekturstrategie müssen immer zusammenpassen, sie sollten optimalerweise ineinander greifen. Genauso muss es gelingen, das operative Management und die Umsetzung der Markenarchitektur in das operative Geschäft zu überführen.

Jede Markenarchitektur ist ein Unikat

Wenn Vertrieb, Marketing und Markenführung gegenläufige Ziele haben, kann die Markenarchitektur noch so durchdacht sein – sie wird scheitern, weil sie in der Praxis nicht gelebt wird.

Es gibt Unternehmen, die mit einer Dachmarkenstrategie gut beraten sind, weil sie zum Beispiel Marktführer in einer übergeordneten Kategorie werden wollen. Andere wiederum profitieren eher von einer Einzelmarkenstrategie – etwa jene, die als Spezialisten eine gute Position einnehmen wollen. Wenn beides der Fall ist, kann ein System aus Verbundmarken sinnvoll sein, die sich unter einer Dachmarke gegenseitig unterstützen.

Im Idealfall entsteht eine höchst individuelle Markenarchitektur, die exakt zur Unternehmensstrategie passt. Somit sind Markenarchitekturen immer auch Ausdruck des unternehmerischen Willens – und niemals eine Kopie von Wettbewerbsmarken-Strategien. Nur weil ein Konkurrent ein Dachmarkenkonzept favorisiert, muss dieses für das eigene Unternehmen kein Erfolgsgarant sein. 

Eine erfolgreiche Markenarchitektur ist deshalb nicht kopierbar! Das Imitieren einer erfolgreichen Markenarchitektur der Konkurrenz wird nicht zum Erfolg führen.


Die BrandTrust-Serie "13 Erfolgsgesetze der Markenarchitektur":

» Einführung: Die 13 Erfolgsgesetze für eine wachstumsorientierte Markenarchitektur

» 1. Die "Glaubwürdigkeit"

» 2. Die "Bedeutung", 3. Die "Rolle"

» 4. Die "Aufmerksamkeit", 5. Das "Zusammenspiel"

» 6. Die "Führungskultur"

» 7. Der "Gemeinschaftserfolg"

» 8. Die "Stärkung und Schwächung", 9. Die "Unternehmensstrategie"

» 10. Die "Leistungsmarken"

» 11. Der "Inhalt und die Hülle "

» 12. Das "Vertrauen"

» 13. Der "Wettbewerbsvorsprung"

Weitere Leseempfehlungen:

» Markenarchitektur: So gelingt es BASF, 3500 Marken zu strukturieren und zu optimieren (von Jürgen Gietl) 

» Bestellen des Harvard-Business-Manager-Sonderdrucks "Das Marken-System"

Jürgen Gietl: Managing Partner, Brand Consultant, Markenberater