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So erleben wir derzeit eine große Transformation in allen Lebensbereichen.. Unternehmen müssen die Kraft der Marke nutzen, um den Wandel zu meistern.

Zukunft der Markenführung (1/4)

Unternehmen in der Transformation: Starke Marken machen sie resilient

01. Februar 2016 - Wie kann es Unternehmen gelingen, im digitalen Zeitalter die nötige Widerstandskraft und Agilität aufzubauen? Und welche Rolle spielt dabei die Marke? Fest steht: der Markenchef wird zum „Held des Wandels“.

Wir leben in brüchigen, unruhigen Zeiten: Digitalisierung, Explosion der Kanalangebots, Echtzeitkommunikation, neue Wettbewerber, die Transformation bestehender Geschäftsmodelle – all das übt immensen Druck auf das Management von Unternehmen aus. Das Prinzip dazu lautet „Disruption“. Es wurde von » Harvard-Professor Clayton M. Christensen vor 20 Jahren (sic!) ins strategische Management eingeführt und war 2015 das Management-Buzzword des Jahres.

Wir erleben eine disruptive Transformation in allen Lebensbereichen

Wobei es nichts anderes bedeutet als die schumpeterische „schöpferische Zerstörung“. Oder, wie es Amazons Jeff Bezos so nonchalant von sich gibt: „Disruptiv ist das, was Menschen besser gefällt, als das, was sie vorher kannten.“ Neu ist eben die Verdichtung und globale Zuspitzung auf das Jetzt des Business-Lebens und des Lebens der Konsumenten. So erleben wir derzeit eine große Transformation des Bestehenden in allen Lebensbereichen – durch Produkte und Services, die wir so nicht kannten und die uns besser gefallen, mit Hilfe digitaler Techniken.

Die Fragen, die mich dazu beschäftigen:
  • Was genau ändert sich? Und was bleibt unverändert für Marken, Markenführung und ihre Macher?
  • Wie können Marken dabei helfen, Unternehmen widerstandsfähig und agil zu machen, um sie in die Zukunft führen?
  • Und was springt dabei für den Markenmacher raus, der bisher eher am Rand steht und den Wandel eher kommuniziert und verschönert – aber nicht gestaltet?

Ich diesem vierteiligen Beitrag werde ich mich auf die Kraft der Marke, ihren Aufbau und ihre Nutzung im digitalen Zeitalter konzentrieren. Worum es nicht geht: um operatives Marketing, das leider oft unter „digitaler Markenführung“ falsch deklariert wird (welche Kanäle und Tools in die Digitalen Medien wichtiger werden und wie man mit welchen Content Traffic generiert).



„Digitalisierung führt in der Markenführung zu mehr Wahrheit, zu mehr Leistungsdruck. Aber die, die etwas besser können als andere, sind schon mal in einer guten Lage.“ Aus dem Vortrag "Was kommt nach der Digitalisierung? Brand Resilience: Warum starke Marken das Einzige sind was bleibt". Marketing Management Kongress (MMK) 2015 in Berlin.

Die Kraft der Marke wird häufig und systematisch unterschätzt


Leider suchen CEOs und Geschäftsführer in dieser Zeit der Transformation häufig nur nach Lösungen für die Prozessoptimierung und nach teuren Digitalisierungs- und Kostensenkungsprogrammen. Oder sie halten sich ein zooartiges „Digital Lab“ mit Hipstern in „Börlin“, machen Reisen ins Silicon Valley und kehren mit Bärten und „Moonshot-Ideen“ zurück. IT-Chefs, „Nerds“ und digitale Berater wie Accenture & Co. übernehmen langsam die Meinungsführerschaft.

In dieser Gemengelage vergessen die meisten CEOs und Unternehmer ihren größten Wertsteigerungshebel: Ihre » Marke. Als Wertschöpfungsinstrument ist sie ihnen oft fremd. Stattdessen sehen sie diese als Nebenkriegsschauplatz, als eine „Sommerverschönerungsinitiative“  – aber nicht als Powertool für mehr Profit. Und schon gar nicht als Leuchtturm im Wandel. Warum?

Marketing und Marke positionieren sich falsch

Marketer und Markenmacher positionieren sich intern oft zu eng und falsch, wenn sie vorwiegend um kreative Auszeichnungen buhlen, Werbeeffizienz messen und das Image als ihr Daseinsziel ausrufen. Solche Themen sorgen bei CEOs jedoch bestenfalls für eine Ahnung, dass die Marke irgendwie wichtig sein könnte. Hingegen halten sie die Arbeit der CFO und IT-Chef für wichtiger, weil sie offenbar mehr Einfluss auf Geschäftserfolg und Strategie hat als jene der Markenmanager.

Das ist falsch. Und zwar strategisch wie banal betriebswirtschaftlich.

Der Grund: starke, attraktive Marken machen Unternehmen widerstandsfähig und resilient in turbulenten Umfeldern.
  • Zum einen wirken sie als Wertvermittler gegen die Preisspirale nach unten.
  • Zum anderen fördern sie  – durch ihren Vertrauensvorschuss bei den Kunden – die Agilität, die sie zum Beispiel für den Eintritt in neue Märkte und Produktkategorien brauchen.

Apple traut man auch Autos, Zahlungsverkehr und Uhren zu. Amazon dringt ins Filmbusiness und den Lebensmittelhandel ein. Marken machen Unternehmen also nicht nur schöner und sympathischer – sondern resilient.

Die 3 Ws: die Marke als Wertevermittlungs-, Wertschätzungs- und Wertschöpfungssystem

Oft wird das eigentliche Wesen der Marke – ihre Essenz –  im digitalen Hype um SEM, SEO, Big Data und Content-Marketing vergessen. Wir haben es aber nicht mit einer kommunikativen Spielwiese für Kreative zu tun. Eine Marke ist ein Wertschöpfungssystem, das mit Werten und besonderen Spitzenleistungen geladen sind, die dann vermarket werden können.

Wenn eine Leistung – zum Beispiel eine besondere Produktqualität – nicht wahrgenommen wird, wird sie auch nicht wertgeschätzt. Somit schafft sie keinen Wert. Stattdessen entsteht Austauschbarkeit und in ihrer Folge ein enormer Preisdruck. Nur durch eine gut geführte Marke wird eine Spitzenleistung wahrgenommen, nur dann kann sie vom Kunden wertgeschätzt werden. Nur dann steigt seine Preisbereitschaft („Das ist es mir wert“) und somit die Wertschöpfung für das Unternehmen. Nur dann steigen Kundenbindung, Weiterempfehlung. Nur dann können die Preise erhöht werden.

So simpel das klingt, so weit ist die Praxis davon entfernt. Heute wird meistens die Bekanntheit und die Werbeeffizienz gemanagt – aber nicht die Begehrlichkeit sowie ihr Beitrag zum Preispremium, Cross-Selling und Weiterempfehlungsrate. Dadurch verpassen Marketer die Chance, vom CEO endlich als entscheidende Player für den Unternehmenserfolg anerkannt zu werden – nicht nur als als Kommunikatoren und „Imagemacher“.

Markenmanager sind und sehen sich leider oft nur als „Markenversprechenabgeber“. Sie verstehen sich nicht als Markenmacher, weil ihnen die wichtigste Hälfte ihres Markenjobs fehlt: Der Einfluss auf die Wertschöpfungskette, auf die Kundenreise vom Erstkontakt, über Sales, Produktnutzung zur Kundenbindung. Dies ist jedoch essentiell zur Bildung einer Marke, gerade im digitalen Überfluss. Kommuniziert wird genug – entscheidend ist aber die Leistungserfahrung, das Einhalten des Markenversprechens an jedem einzelnen Kontaktpunkt. Aber welcher Markenmanager hat heutzutage schon Einfluss auf die Performance an den Kontaktpunkten?

Schlüsselfragen der Zukunft: Wie gelingt Sie Ihnen, Ihre Marke zu als Wertschöpfungssystem etablieren, das Einfluss auf die Kundenreise nehmen kann? Damit sie ein wesentlicher Zukunftsgestalter des Unternehmens wird?

Die weiteren drei Artikel über die Zukunft der Markenführung werden demnächst auf Brand Trust Insights veröffentlicht:
Unternehmen in der Transformation: Starke Marken machen sie resilient
» Die Digitalisierung – für Marken mehr Chance als Bedrohung
Die sieben Sehnsüchte der Menschen im „Age of You“
Markenmanager werden zu Gestaltern des Wandels
 
Achim Feige: Executive Brand Consultant, Executive Markenberater