
Marken verkürzen Kaufentscheidungen. Das Problem: Wenn ein Einkäufer das Produkt, das man vermarktet, wegen dieser Abkürzung links liegen lässt, spielt es im Kaufprozess keine Rolle.
Value Branding
Der Einfluss von Marken – worauf basieren Kaufentscheidungen?
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Fachbuch » „Value Branding – vom hochwertigen Produkt zur wertvollen Marke"
Für gewöhnlich glauben gerade Ingenieure und Betriebswirte in ingenieursgetriebenen Umfeldern nicht an Mythen. Schon gar nicht an den Mythos Marke und ihren Einfluss. Doch wenn man das Thema für einen kleinen Moment vergisst und sich mit einer simplen Frage dem Thema Verkaufen nähert, ändert sich ihre Einstellung plötzlich:
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Ihrer Kunden beim Kauf Ihrer Produkte oder Dienstleistungen auf Basis von Wissen entscheiden – und wie viele auf Basis von Glauben und Intuition?
Sie können an dieser Stelle die Ausdrücke „Glaube“ oder „Intuition“ auch durch die Begriffe „positive Vorurteile“ oder „Bedenkenlosigkeit“ ersetzen. Die meisten Menschen, die Sie fragen, werden antworten, dass Kaufentscheidungen auch im professionellen Einkauf wahrscheinlich zu 20 % auf Basis von Wissen und zu 80 % auf Basis von Glauben getroffen werden. Wenn es sehr sachorientierte, rationale Menschen sind, die Sie in Ihre Gedanken einbeziehen, schätzen Sie das Verhältnis vielleicht auf 50:50 ein.
Doch sobald Sie Ihre Umfrage vertiefen und ermitteln, wie viel Prozent Ihrer täglichen Arbeit Sie dem Generieren, Vermitteln und Verkaufen von Wissen – also dem Faktischem und Beweisbarem – widmen, dreht sich das Verhältnis meist um. Über 80 % der Tätigkeit von Managern in Marketing, Vertrieb oder in der Unternehmensführung zielen darauf ab, Fakten über Wettbewerbsvorsprünge, Preisgestaltungen oder Kundenvorteile zu managen.
Dabei spielt das Managen jener positiven Vorurteile der Käufer über die eigenen Angebote eine mindestens ebenso große Rolle. Wenn Sie die Grundsätze der » Markenführung in Ihrem Managementalltag befolgen und Ihre Kollegen ebenfalls davon begeistern können, tragen Sie erheblich dazu bei, den Glauben, die positiven Vorurteile Ihrer Kunden zu managen – und nicht mehr länger dem Zufall zu überlassen. (Eine Grundausstattung bietet das Buch „Value Branding“, in dem 20 Grundsätze vorgestellt werden.)
Allerdings könnte man bei dem Gedanken daran gleich wieder Angst bekommen. Wenn die Marke also mehr ist als das Logo, mehr als Werbung, mehr als gute Produkte und stolze Mitarbeiter – wo fängt man dann an zu managen? Und Ihre innere Stimme fragt: Wollen Sie sich in Zeiten überfüllter E-Mail-Postfächer, viel zu geringer Ressourcen, Wirtschaftskrisen und Social Media noch ein weiteres Thema aufbürden? Trauen Sie doch Ihrem Instinkt und Verstand!
Das Prinzip der Anziehungskraft von Marken
Warum der „Glaube“, also das Vertrauen und die Vorurteile des Kunden für die Kaufentscheidung so wichtig sind, liegt in der Natur des Menschen. Das 20/80-Prinzip wirkt auf jeden Fall dort, wo im Einkauf von Gütern und Dienstleistungen Menschen am Werk sind. Deshalb sollten Sie sich das Prinzip der Anziehungskraft von Marken zunutze machen.
Eine menschliche Entscheidung basiert auf Verstand, Leidenschaft und Intuition. Und wenn es nur die Leidenschaft des Einkaufsmanagers ist, seinen Willen gegenüber seinen Kollegen durchzusetzen. Aber auch die Intuition spielt eine große Rolle. Kennen Sie das Gefühl nach einer Kaufentscheidung? Sie haben alles Erdenkliche untersucht. Sie haben mit viel persönlichem Einsatz die Entscheidung herbeigeführt und trotzdem beschleicht Sie ein ungutes Gefühl. Haben Sie wirklich das Richtige gekauft?
Genauso geht es privaten und institutionellen Einkaufsentscheidern, wenn sie sich für ein (technologisches) Produkt entscheiden, egal ob es sich um die Trendkopfhörer von Dr. Dre (die mit dem b auf der Ohrmuschel) oder um die Hightech-Gurte zum Verladen von Lokomotiven handelt. Nur: wie managen wir dieses Gefühl?
Marken verkürzen Einkaufsentscheidungen
Entscheider lieben kurze Entscheidungswege. Dies liegt nicht nur in den Genen von Einkaufsentscheidern, das geht uns allen so. Genau dafür sind Marken da: Sie verkürzen Einkaufsentscheidungen. Das Problem dabei ist: Wenn die Spitzentechnologie, die wir vermarkten möchten, bei dieser Abkürzung links liegen bleibt, können wir uns noch so stark anstrengen: Wir werden im Kaufprozess unserer Kunden keine Rolle spielen.
Nach welchen Kriterien orientieren sich professionelle Einkäufer?
Um herauszufinden, was professionelle Einkäufer beim Kauf von Leistungen aus den Branchen Maschinenbau, Automobilzulieferindustrie und Chemie antreibt, hat Brand Trust 2007 und 2009 » die erste repräsentative B2B-Studie über „B2B-Marken in der Praxis“ durchgeführt.
Die Befragung von Verkäufern und Einkaufsentscheidern in B2B-Unternehmen bestätigte das beschriebene Phänomen. Sie machte drei Arten von Kriterien sichtbar, die kaufentscheidend sind. Sie ranken sich um die Themen Einkaufssicherheit, Beziehungsqualität und Leistung. Interessanterweise waren den Einkaufsentscheidern besonders jene Kriterien wichtig, die ein Höchstmaß an Entscheidungssicherheit garantieren. Nur suchen Einkäufer, so die Untersuchung, in der Praxis häufig vergeblich nach verlässlichen und vertrauensfördernden Signalen, Botschaften und Angeboten.
Vier Treiber, die unsere Wahrnehmung beeinflussen
Paul R.Lawrence und Nitin Nohria (2002) von der Harvard Business School beschreiben in ihrem Buch » „Driven: How Human Nature Shapes our Choices“ vier grundsätzliche Treiber, die unsere Wahrnehmung entscheidend beeinflussen:
Anbahnen bzw. Sammeln (to acquire)
Binden (to bond)
Verteidigen (to defend)
Lernen (to learn)
Diese Treiber sind tief in uns verwurzelt. Sie beeinflussen unsere Wahrnehmung und Entscheidungsprozesse. Deshalb sollten sie durch Angebote, durch das Verhalten von Vertriebsmitarbeitern, durch Werbekommunikation und PR bedient werden. Je nachdem, ob eine Marke den Einkaufsentscheider dabei unterstützt, seine Grundbedürfnisse zu erfüllen oder nicht, wird er sie stärker oder schwächer wahrnehmen. Auch wenn diese Beeinflussung unbewusst stattfindet.
Dies machen sich beispielsweise Marken zunutze, die in der Ausbildung von Ingenieuren einen wichtigen Beitrag liefern. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Marken das bewusst oder unbewusst tun. Es fällt aber auf, dass in der Ingenieurswelt besonders stark akzeptierte Marken Publikationen, Normen und sonstige branchen- und fachspezifische sowie ausbildungsrelevante Informationen bereitstellen. Sie führen dazu, dass Ingenieure bereits im Studium eine unbewusst starke Bindung zu der Marke herstellen.
Dies mag eine sehr vereinfachte Betrachtungsweise der menschlichen Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesse sein. Und es liegt an Ihnen, ob Sie diese Einschätzung teilen. Die zentrale Frage ist nicht, wie stark wir rational eingestellten Analytiker daran glauben. Fragen Sie sich lieber, ob Sie diese Phänomene selbst steuern wollen. Wenn nicht, überlassen Sie es dem Zufall, ob Ihre wertvollen Ideen und Produkte wertgeschätzt werden oder nicht.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch „Value Branding – vom hochwertigen Produkt zur wertvollen Marke“ (» Haufe Verlag). Der Autor » Jürgen Gietl, Managing Partner Brand Trust, beschreibt darin, wie B2B-Marken und insbesondere ingenieurgetriebene Technologiemarken erfolgreich aufgebaut und geführt werden können. Die praxisnahen Ratschläge eignen sich zum Beispiel für Marken der IT, Biotechnologie, Chemie, Automotive, Maschinenbau, Textil, Automobilzulieferung, Logistik und Medizintechnik.
Sie können das Markenfachbuch » „Value Branding – vom hochwertigen Produkt zur wertvollen Marke" direkt auf unserer Website bestellen.