
Egal, wie arm eine Volkswirtschaft ist: rund 8% kann als wohlständig und luxusaffin gelten.
Luxury sells: So führen Sie Luxusmarken in eine erfolgreiche Zukunft
Die weltweite Luxusindustrie boomt. Exportzahlen der klassischen Luxusgut exportierenden europäischen Länder (Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland) schießen in ungeahnte Höhen. Firmenübernahmen, wie jüngst Bulgari, sind in vollem Gang und einige stehen noch bevor. Selbst staatliche Luxusunternehmen wie Meissen wagen sich an eine bisher nie da gewesene Markendehnung heran, um sich in die Zukunft zu retten.Alles gut im Luxusland? Mitnichten. Gerade wenn Gier und Unersättlichkeit nach einer kurzen aber intensiven Zeit des Darbens wieder die Oberhand gewinnen, werden von ambitionierten Jungmanagern wieder die klassischen Fehler gemacht. Deshalb ein paar Thesen, die auf diese Fehlerpotentiale hinweisen und gleichzeitig zum Nachdenken anregen sollen.
Eine Luxusmarke aufzubauen, dauert viel länger als gedacht.
Einer der größten Fehler, der beim Aufbau oder dem Management einer Luxusmarke gemacht wird, ist das Timing zu unterschätzen. Lern- und Entscheidungszyklen dauern beim Luxuskonsum am längsten – weniger aus monetären Gründen (obwohl Ansparen ebenfalls Einfluss haben kann), sondern vielmehr in der Ausbildung des Sinns für hintergründige Qualität, für vielschichtige Codes und kontextuelle Einordnung sowie Kennerschaft der Marken, ihrer Aussagen und Produkte.
Da Luxusprodukte sehr oft nicht lebensnotwendig sind, besteht häufig keinerlei Kaufnotwendigkeit. Deshalb ist beim Aufbau einer Luxusmarke eher in Dekaden denn in Jahren zu rechnen. Businesspläne, die in zu kurzer Zeit viel erreichen wollen, sollte man mit größter Vorsicht genießen.
Eine Luxusmarke zieht an, weil sie ausschließt.
Im Zusammenhang mit Luxusmarken fällt immer sehr schnell das Wort „exklusiv“. Exklusiv kommt aus dem Lateinischen „exkludere“ und das heißt ausschließen. Luxusmarken müssen ausschließen. Durch ihren Preis, ihre Erhältlichkeit, ihre Produktsprache und ihre Codes.
Luxusmarken, die aus Wachstumsgier diesen Grundsatz nicht beachten, geraten sehr schnell in die Gefahr, gewöhnlich zu werden – und Gewöhnlichkeit ist der größte Feind aller Marken.
Social Media ist ein Tabu für Luxusmarken.
Luxusmarken erreichen ihre Begehrlichkeit unter anderem dadurch, dass sie sich rar machen. Willst Du gelten, mach Dich selten. Um funktionieren zu können und das gewünschte Preispremium zu erreichen, darf eine Luxusmarke nicht einfach zu bekommen oder zu erreichen sein. Vorbilder und Idole leben von der Unerreichbarkeit. Dieser Lebensnerv darf nie durch Anbiederung abgetötet werden, zu viel Nähe hemmt die Verführungskunst.
In vertrieblicher Hinsicht mussten das bereits alle Luxusmarken lernen, die in der Vergangenheit in zu vielen Geschäften und Warenhäusern erhältlich waren. Die Durchschnittspreise sanken zwangsläufig ab – und die für eine echte Luxusmarke so wichtige, globale einheitliche Markenwelt erodierte. In der Folge reduzierten die Luxushäuser ihre Distribution massiv und wurden teilweise selbst zu Einzelhändlern, um ihre Marken komplett in der eigenen Hand zu haben.
Deshalb sind Social-Media-Aktivitäten für echte Luxusmarken tabu. Luxusmarken müssen (ver)führen und dürfen nicht nachlaufen. Das Ranwanzen an potentielle Kunden sollen sie anderen überlassen.
Reife Märkte segmentieren sich.
Eine wichtige Erkenntnis unserer Arbeit lautet: Luxury sells. Egal, wie arm eine Volkswirtschaft ist, rund 8% der Bevölkerung kann als wohlständig und luxusaffin gelten. Das ergibt in Riesenökonomien wie China oder Indien (zusammen ca. 2,3 Milliarden Menschen) 184 Millionen Luxuskunden. Diese Märkte beginnen gerade erst, sich zu segmentieren und ein Luxussegment zu bilden. Superpremium- und Premiumsegmente sowie Discount- und Value-Segmente werden sich erst in der Folge bilden.
Marktsegmentierungen beginnen immer Top-Down. Damit kommt den Luxusmarken eine zusätzliche, volkswirtschaftlich relevante Bedeutung zu. Durch die Kunst, nicht nur Bedürfnisse, sondern Lebensknappheiten wie Wünsche, Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen anzusprechen und zu befriedigen, schärfen sie den Sinn für Qualität und Kennerschaft in ihrer Zielgruppe und tragen dazu bei, differenziert einzukaufen, was wiederum Wertschöpfung und Nachhaltigkeit fördert.
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